Mobile Robotik
Projekt MOVE
Monitoring von Vegetation und Wasserqualität in Seen mit Unterwasser-Roboterschwärmen
Motivation
Die Flora und Fauna in Seen und Flüssen sind durch den Einfluss des Menschen stark gefährdet. Ein Hauptproblem ist die Überversorgung mit Nährstoffen (Eutrophierung) durch die Landwirtschaft, die u. a. zur Trübung des Wassers durch Mikroalgen und zur Veränderung der Lebensbedingungen für Wasserpflanzen und -tiere führt. Durch den Klimawandel, Übernutzung, Lebensraumverschlechterung, Umweltverschmutzung und invasive Arten sind viele heimische Arten bereits bedroht. Der ökologische Zustand größerer Gewässer wird im Rahmen der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL 2000) und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) in festgesetzten Intervallen und mit interkalibrierten, standardisierten Verfahren überwacht. Kleinere Gewässer werden entweder gar nicht erfasst oder nur selten überwacht. Die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der Europäischen Union hat sich hier das Ziel gesetzt, bis 2027 alle Gewässer zu untersuchen und in einen „guten ökologischen Zustand” zu überführen. Dieses Ziel ist nur über die genaue Erfassung und Analyse der vorherrschenden ökologischen Bedingungen der einzelnen Gewässer und eine darauf aufbauende Maßnahmenplanung und -durchführung erreichbar, welche auf die jeweiligen vier biologischen Qualitätskomponenten abgestimmt ist. Neben der Erfassung von chemisch-physikalischen Parametern wie z. B. Temperatur, Leitfähigkeit, pH-Wert und Sauerstoffgehalt stellt die Untersuchung und Bewertung der Qualitätskomponente Makrophyten (Wasserpflanzen) ein wesentliches Teilkriterium zur Beurteilung des Gewässerzustands dar. Die hierzu erforderlichen Arbeiten werden gemäß der standardisierten Bewertungsverfahren der EG-WRRL durchgeführt, welche vorwiegend manuell erfolgen und damit besonders personalaufwändig und zeitintensiv sind. Hier werden zur Makrophytenuntersuchung an vorausgewählten repräsentativen Standorten im See bei Transektkartierungen z.B. Boote mit Sichtkästen und Rechen oder Forschungstaucher*innen sowie Fotokameras eingesetzt. Dabei spielen die Artenzusammensetzung und -häufigkeit sowie die Verbreitung im untersuchten See eine zentrale Rolle für die ökologische Zustandsbewertung. Eine repräsentative Bestandsaufnahme der Qualitätskomponente Makrophyten ist somit lediglich in den durch die europäischen Richtlinien vorgegebenen Zeitabständen von drei Jahren möglich. Eine Weiterentwicklung des bestehenden Monitoringverfahrens für Makrophyten mit Hilfe digitaler Umwelttechnik zur wasserkörperspezifischen Erfassung des aktuellen Makrophytenbestandes, der Identifizierung von Gefahren und der Analyse von Veränderungsprozessen können wichtige Beiträge zur schnelleren Datenerfassung und damit Verbesserung der ökologischen Zustandsbewertung liefern als auch eine effektivere Maßnahmengestaltung ermöglichen.
Forschungsvorhaben
Das Projekt MOVE hat zum Ziel, das Umweltmonitoring von Gewässern, insbesondere Seen, durch den Einsatz moderner digitaler Techniken zu automatisieren und damit effizienter zu gestalten. Konkret sollen hierzu die vom Institut für Technische Informatik (ITI) der Universität zu Lübeck (Koordinator) entwickelten autonomen schwarmfähigen Unterwasserroboter MONSUN zur flächendeckenden Untersuchung und Kartographierung von Seen eingesetzt werden. Dazu werden die Roboter mit Messsonden, Kameras und Sonaren ausgerüstet, die einen direkten Einblick in das Gewässer ermöglichen. Somit können insbesondere Wasserpflanzen und Muscheln erkannt und dokumentiert werden sowie ausgewählte, für das Makrophytenwachstum wichtige chemisch-physikalische Parameter, wie z. B. das Lichtklima unter Wasser miterfasst werden.
Ein Sensorträger für MONSUN ist bereits aus einem früheren Projekt vorhanden. Für die Analyse des Lichtklimas gibt es allerdings noch keinen für MONSUN geeigneten Lichtsensor mit Aufnahme des Lichtspektrums, so dass dieser im Rahmen des Projektes vom Projektpartner Sea & Sun Technology (SST) neu entwickelt werden soll.
MONSUN soll so die Entwicklung und Ausprägung der Makrophytenbestände sowie parallel standortspezifische chemisch-physikalische Daten sammeln, welche in einem darauffolgenden Schritt digital u.a. in Anlehnung an das Bewertungsverfahren der EG-WRRL unter Federführung des Projektpartners Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) ausgewertet werden sollen. Moderne KI-Verfahren machen es heute möglich, künstliche neuronale Netze mit Bilddaten so zu trainieren, dass die Auswertung mit hoher Genauigkeit maschinell erfolgen kann (Deep Learning). Im MOVE-Projekt sollen derartige moderne KI-Methoden zur Makrophytenerkennung zum Einsatz kommen.
Dieser Teil des MOVE-Projektes kann eine sinnvolle Unterstützung der bisher durchgeführten und aufwendigen Kartiermethoden darstellen und somit einen bedeutenden Zeitvorteil bei der Untersuchung der Seen gemäß EG-WRRL bedeuten. Zudem besteht die Möglichkeit, weitere Einflussfaktoren auf die Makrophytenbestände sowie deren Auswirkungen in den betroffenen Seen anhand der Bilddaten und KI-Methoden zu bewerten.
Projektpartner
Kontakte
Prof. Dr.-Ing. Erik Maehle (Koordinator), Universität zu Lübeck, Institut für Technische Informatik, Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck, email: maehle(at)iti.uni-luebeck.de , www.iti.uni-luebeck.de
Inga Kostelnik, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holsteins, Abteilung ‚Gewässer‘, Dezernat ‚Seen‘, www.schleswig-holstein.de/LLUR/abteilung4.html
Dr. Susan Mau, Sea & Sun Technology, www.sea-sun-tech.com
Förderhinweis
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt MOVE im Rahmen der Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit“
Förderkennzeichen: 02WDG1640A
Laufzeit: 01.02.2022 bis 31.01.2024